Nahrungsergänzungsmittel

Vitamine

Eigentlich leiden die wenigsten Menschen hierzulande an einer Unterversorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Auch wenn ein Blick in die Regale der Apotheken, Drogerien und Supermärkte das Gegenteil glauben lässt. Das Angebot an Vitamin- und Mineralstoffpräparaten ist zwar riesig, die Produkte sind aber meistens völlig überflüssig.

Etliche können sogar mehr schaden als nützen. Vitamin- und Mineralstoffpräparate sind Mittel der Wahl – vor allem gegen das eigene schlechte Gewissen. Aber nicht Fast-Food-Junkies oder Workaholics, deren Hauptmahlzeit aus zwei Zigaretten besteht, greifen bereitwillig zu. Studien zeigen, dass typische Pillenkäufer sich besonders gesund ernähren, überdurchschnittlich viel Sport treiben und auch nicht dick sind. Gerade Menschen, die ohnehin schon viel für ihren Körper tun, wollen ihre Gesundheit mit diesen Mitteln zusätzlich stärken.

Zu viel kann schaden

Wer mit Nahrungsergänzungsmitteln und ähnlichen Präparaten hantiert, ohne wirklich unter einem Vitamin- oder Mineralstoffmangel zu leiden, riskiert, sich Schlechtes zu tun. Denn bei etlichen Stoffen kann eine Überdosierung negative Folgen haben. Dauerhaft viel Vitamin A kann zum Beispiel die Knochen brüchig werden lassen, hohe Dosen Vitamin E verlängern die Blutgerinnungszeit. Zu viel Magnesium verursacht Durchfall und schadet den Nieren, zu viel Kalzium kann die Bildung von Harn- und Nierensteinen begünstigen.
Gründe genug, die Dosierung von Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln zu begrenzen.

Gesetzliche Regelungen

Im Augenblick gibt es zwar noch keine gesetzlichen Höchstmengen, sie müssen aber auf EU-Ebene festgelegt werden und werden derzeit diskutiert. Als Grundlage für die politischen Entscheidungsprozesse hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bereits 2004 eine umfassende Risikobewertung von Vitaminen und Mineralstoffen veröffentlicht.

Darin schlägt das BfR Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln vor. Bei seinen Vorschlägen hat das BfR berücksichtigt, welche Mengen eines Vitamins und Mineralstoffs wahrscheinlich unbedenklich sind. Für etliche Vitamine und Mineralstoffe, von denen Risiken und Nebenwirkungen bekannt sind, gibt es nämlich bereits sichere obere Aufnahmewerte (UL).

Das BfR hat zudem einkalkuliert, welche Mengen über die Nahrung in den Körper gelangen, und selbstverständlich auch, wie viel eines Stoffes ein Mensch aus ernährungsphysiologischer Sicht überhaupt braucht. Dabei hat die Behörde nicht nur Höchstmengen für diejenigen Nährstoffe empfohlen, die bekanntermaßen negative
Auswirkungen haben können und für die aufgrund toxikologischer Daten von anderen Gremien bereits ein sicherer oberer Aufnahmewert (UL) bestimmt wurde. Das BfR hat aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes auch für diejenigen Nährstoffe Höchstmengen empfohlen, bei denen solche Werte mangels Daten noch nicht festgesetzt wurden oder die bislang als äußerst unbedenklich gelten.

In einem Orientierungspapier der Europäischen Kommission vom Sommer 2007 wird allerdings abgelehnt, auf Basis des Vorsorgeprinzips Höchstmengen für Stoffe festzulegen, bei denen es bislang keine Belege für negative Effekte gibt. Im Klartext bedeutet dies: Für einige Vitamine und Mineralstoffe könnte es auch weiterhin keine gesetzlichen Höchstmengen geben.

Die Zeitschrift ÖKO-TEST hält die Vorschläge des BfR für gut begründet und hat in ihrer Februar-Ausgabe mehr als 300 Vitamin- und Mineralstoffpräparate unter die Lupe genommen, darunter Multivitaminpräparate, Magnesiumtabletten sowie Mittel gegen
Osteoporose. Getestet wurde, ob die Dosierung in Ordnung ist und ob die Arzneimittel auch wirken. Bis auf kleine Ausnahmen lehnt ÖKO-TEST sich bei der Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln in diesem Test umfassend an die Vorschläge des BfR an. Lediglich bei der Beurteilung von Betakarotin bleiben die Tester strenger. Wesentlich höhere Dosen an Vitaminen und Mineralstoffen akzeptiert ÖKO-TEST nur in Arzneimitteln.

Grundsätzlich sind Arzneimittel zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt. Ihnen liegt ein Beipackzettel mit möglichen Nebenwirkungen und umfassenden Warnhinweisen bei und sie werden vom Arzt oder Apotheker empfohlen. Deshalb wurden Arzneimittel anders bewertet. Denn um einen nachgewiesenen Mangel oder eine
physiologische Störung zu behandeln, sind hohe Dosen bestimmter Vitamine oder Mineralstoffe wichtig und nützlich.

Nahrungsergänzungsmittel hingegen sind keinesfalls dazu vorgesehen, Krankheiten zu behandeln.

Wer gesund ist und sich abwechslungsreich ernährt, braucht keine Nahrungsergänzungsmittel.


Wer dennoch zu Pillen und ähnlichem greifen möchte, muss aber sichergehen können, dass er sinnvolle Mengen einnimmt und sich damit nicht schadet.

Es geht auch ohne

Um seinen Vitamin- und Mineralstoffbedarf zu decken, genügt eine ausgewogene Ernährung. Ein völlig durchschnittliches Frühstück mit Brot, Butter, Honig, Käse, Ei und Kaffee, ein Mittagessen aus Geflügel, Reis und verschiedenen Gemüsen, eine Abendmahlzeit mit Brot, Salami, Käse und Weißwein sowie über den Tag verteilt ein Apfel, Cornflakes, Milch, Fruchtsaft und Kekse liefern Vitamine und Mineralstoffe in Mengen, die die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) locker erreichen oder gar darüber liegen. Nur Vitamin D, Folsäure und Jod werden knapp. Wer aber an einem anderen Tag der Woche einmal Seefisch auf seinem Speiseplan hat, auch Tomaten, Gurken, Apfelsinen oder Weintrauben isst, bringt seinen Haushalt bestens ins Lot.

Ihre Ernährungsmediziner