Blutdruck: 120 statt 140?

Runter mit dem Blutdruck: Eine große US-Studie kommt zum Schluss, dass Menschen mit einem erhöhten Risiko für Herzkreislaufleiden seltener an diesen erkranken und seltener frühzeitig versterben, wenn ihr Blutdruck auf 120 gesenkt wird - und nicht, wie bisher angestrebt, auf 140.

Das Ergebnis der sogenannten "Sprint"-Studie wurde jetzt auf der Konferenz der US-amerikanischen Heart Association sowieim "New England Journal of Medicine" präsentiert.
Bereits im September hatte die US-Gesundheitsbehörde mitgeteilt, dass die Studie vorzeitig beendet worden war, weil es in der intensiv behandelten Gruppe fast ein Drittel weniger Infarkte und Schlaganfälle sowie fast ein Viertel weniger Todesfälle gegeben habe - zu diesem Zeitpunkt blieben die Forscher aber die konkreten Daten schuldig. Nun liegen sie vor.

Blutdruckwerte

Bei der Blutdruckmessung werden immer zwei Werte angegeben, zum Beispiel 120 zu 80. Der höhere ist der systolische Blutdruck. Er tritt auf, während das Herz Blut in die Schlagadern drückt. Der niedrigere, diastolische Blutdruck herrscht, wenn die Herzkammern sich entspannen und füllen.

Zusammengefasst zeigt sich:

Ja, Infarkt, Schlaganfall, Herzversagen, Tod durch ein Herzkreislaufleiden oder aus anderen Gründen - das alles trat in der Gruppe, deren Blutdruck unter 120 gedrückt werden sollte, seltener auf.
Aber: In der intensiver behandelten Gruppe kam es häufiger zu akutem Nierenversagen, Kreislaufkollaps, einem bedrohlich langsamen Herzschlag und einem gefährlichen Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt.
Paulus Kirchhof, Kardiologe an der University of Birmingham, bezeichnet die Studie als sehr wichtig. "'Sprint' hat sich einer Frage gewidmet, die Kardiologen seit Jahren umtreibt: Wie intensiv soll man den Blutdruck senken?" Dies sei jetzt nicht für alle, aber für viele Patienten beantwortet. Die Studie sei sowohl sehr groß, als auch sehr gut gemacht. Das Ergebnis deutlich: "Die Zahl der schweren kardiovaskulären Ereignisse und Todesfälle wird verringert. Allerdings muss man dafür ein höheres Risiko für ernste Nebenwirkungen in Kauf nehmen."

Nicht mehr Menschen behandeln, sondern einige intensiver

Damit kein Missverständnis aufkommt: Das Ergebnis bedeutet keinesfalls, dass alle Menschen mit einem Blutdruck über 120 nun schleunigst zum Kardiologen sollten. Teilgenommen haben nur Menschen mit einem bereits erhöhten Risiko für Herzkreislaufkrankheiten. "Die in 'Sprint' untersuchte Gruppe ist eine, die sowieso schon beim Kardiologen in Behandlung ist - oder es sein sollte", sagt Kirchhof. "Das Ergebnis sollte nicht dazu führen, dass mehr Menschen behandelt werden - sondern dass einige Patienten intensiver behandelt werden."
"Trotz der Nebenwirkungen starben weniger Menschen in der intensiv behandelten Gruppe", sagt Kirchhof. Zwar mussten die Probanden im Schnitt 2,8 verschiedene Blutdrucksenker einnehmen, damit in der Gruppe im Schnitt ein Blutdruck von 121 erreicht wurde. Aber: "Dass Patienten drei oder auch fünf verschiedene Medikamente gleichzeitig nehmen, ist in der Kardiologie nicht ungewöhnlich", so Kirchhof. Bei den verschriebenen Wirkstoffen handelt es sich größtenteils um ältere, als Generika verfügbare Mittel.

Es geht nicht bloß um Medikamente, sondern um den Lebensstil

Der Kardiologe, der an der aktuellen europäischen Leitlinie zur Bluthochdrucktherapie mitgearbeitet hat, sagt: "Ich nehme stark an, dass das 'Sprint'-Ergebnis in die nächste Leitlinie einfließt. Und ich kann mir vorstellen, dass für die untersuchte Gruppe ein Blutdruck von 120 als Therapieziel empfohlen wird."
Mindestens genauso wichtig wie der Griff in den Arzneischrank ist für Hochdruckpatienten allerdings, ihren Lebensstil entsprechend anzupassen:

  • sich gesund ernähren
  • regelmäßig bewegen
  • bei Übergewicht abnehmen
  • und nicht rauchen

- all das nimmt Druck aus den Gefäßen und hilft, sie möglichst gut in Form zu halten.

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