Bluthochdruck und "Corona"

Sehr häufig erreichen uns besorgte Fragen zum Risiko an CoVid-19 („Corona“) zu erkranken wenn eine Bluthochdruckerkrankung vorliegt und ob bestimmte Blutdruckmedikamente weiter genommen werden sollen. Als zertifiziertes Bluthochdruckzentrum beschäftigen wir uns sehr viel mit dem Bluthochdruck. Aufgrund unserer Expertise werden wir sicherlich auch überdurchschnittlich häufig mit schweren, komplizierten Bluthochdruckerkrankungen konfrontiert.

Die "European Society of Hypertension" (ESH) schreibt in einer Stellungnahme, dass es derzeit keine Evidenz dafür gibt, dass Bluthochdruck per se das Risiko erhöht, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Laut Guzik et al., die ein umfassendes Review zu COVID-Risikofaktoren des kardiovaskulären Systems zusammengestellt haben, zeigen die derzeit verfügbaren Daten einen Anteil von Hypertonikern unter Covid-19-Patienten von 15-40% auf (je nach Studie). Diese Rate entspricht in etwa dem Anteil der Menschen in der Allgemeinbevölkerung, die unter Bluthochdruck leiden (ca. 30%). Das deutet darauf hin, dass Bluthochdruck per se das Infektionsrisiko nicht erhöht.

Gleiches gelte für die Frage, ob Bluthochdruck das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 aggraviere. Auf dem ersten Blick, so heißt es im Review von Guzik et al., sehe es so aus, da bei vielen Patienten mit schweren Verläufen der neuartigen Infektionskrankheit anamnestisch ein Bluthochdruck erhoben wurde. Deshalb wurde Hypertonie schon frühzeitig nach dem Ausbruch der Pandemie als Risikofaktor neben anderen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen, COPD und Krebs gelistet. Problem bei dieser Einstufung sei allerdings, dass Bluthochdruck eng mit dem Alter assoziiert ist, bei älteren Menschen also häufiger auftritt. In Deutschland ist bei den über 50-Jährigen etwa jeder Dritte betroffen, bei den über 60-Jährigen bereits jeder Zweite. Es ist außerdem bekannt, dass vor allem ältere COVID-19-Patienten einen schweren Verlauf mit Intensivpflichtigkeit, Beatmungspflichtigkeit oder Tod nehmen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Rate an vorliegenden Bluthochdruckerkrankungen bei diesen, in der Regel älteren Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen ebenfalls hoch ist. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht abschließend keine Klarheit darüber, ob es eine direkte Assoziation zwischen Bluthochdruck und schweren Krankheitsverläufen gibt oder ob das Alter als „Confounder“ diesen Zusammenhang maßgeblich herstellt.

Die aktuelle Datenlage zeigt allerdings sehr eindrücklich, dass Hochdruckpatienten, die ACE-Hemmer (z.B. Ramipril, Lisinopril, Perindopril) oder Angiotensin-AT1-Blocker (z.B. Candesartan, Olmesartan, Valsartan) einnehmen, kein höheres „COVID-Risiko“ aufweisen. Dazu wurden Anfang Mai im NEJM drei größere Observationsstudien publiziert, aus denen sich schließen lässt, dass ein medikamentös eingestellter Bluthochdruck bei Patienten ohne bluthochdruckbedingten Endorganschäden somit per se weder das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, noch das Risiko, einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, erhöht.

Im Gegenteil:

Die Autoren des oben genannten Reviews heben die Blutdruckeinstellung als essenzielle Vorsorgemaßnahme im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie hervor.
Patienten mit arterieller Hypertonie sollten also ihre Hochdruckmedikamente weiter einnehmen und auf eine gute Blutdruckkontrolle achten, so lautet auch die ESH-Empfehlung, der sich die Deutsche Hochdruckliga anschließt.

Lt. Deutscher Hochdruckliga gibt es aktuell keine Evidenz dafür, dass Hochdruckpatienten ohne schwere Endorganschäden/ bluthochdruckbedingten Folgeerkrankungen mehr geschützt werden müssten (zum Beispiel durch ein Beschäftigungsverbot) als die altersgleiche Allgemeinbevölkerung, wenn der Blutdruck gut eingestellt ist. Für sie gelten die allgemeinen Empfehlungen des RKI (Hygienemaßnahmen, Abstandsgebot, Impfempfehlungen).

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