H2-Atemteste (z.B. Laktose- Fruktose- Sorbitintoleranzteste)

H2-Atemteste sind sehr elegante, sichere und wenig belastende Untersuchungen, durch die Rückschlüsse auf verschiedene Störungen der Verdauung bzw. Aufnahme von Nahrungsbestandteilen im Dünndarm gezogen werden können. Zusätzlich kann eine Fehlbesiedelung des Dünndarms mit Bakterien nachgewiesen oder die Dünndarmtransitzeit (Verweildauer des Speisebreis im Dünndarm) bestimmt werden.

Durch die einfache Handhabung und gute Aussagekraft haben diese Teste einen hohen diagnostischen Stellenwert bei Patienten mit Durchfällen, Blähungen, Übelkeit und anderen uncharakteristischen abdominellen Beschwerden.

Bei den Atemtests werden nach Einnahme natürlicher Testsubstanzen (in der Regel Zucker, die in der Nahrung vorkommen, wie z.B. Milchzucker oder Fruchtzucker) Atemgasproben gewonnen. Die Patienten atmen dazu zu festgelegten Zeitpunkten, in der Regel alle 30 Minuten, ihre Ausatemluft in ein Wasserstoff-Meßgerät. Beim Laktosetest (Milchzucker) werden zusätzlich halbstündlich kleine Blutproben aus der Fingerbeere zur Blutzuckerbestimmung entnommen. Die kombinierte Beurteilung der Wasserstoffkonzentration in der Atemluft und der Blutzuckerverlauf erhöhen die Aussagekraft dieser Untersuchungsverfahren.

Der menschliche Körper bildet in seinem Stoffwechsel keinen Wasserstoff. Es gibt aber bestimmte Bakterien im Darm, die Zucker abbauen und dabei winzige Mengen Wasserstoffgas bilden können. Dieses ungefährliche Gas wird über die Darmwand in das Blut des Menschen aufgenommen, zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Mit bestimmten Geräten kann man Konzentrationen dieser winzigen Wasserstoffgasmengen in der Atemluft messen. Nach Einnahme von verschiedenen Zuckern kann man aus dem Wasserstoffverlauf in der Atemluft auf bestimmte Zuckerstoffwechselstörungen schließen.

H2-Atemtests sollten nicht innerhalb von vier Wochen nach einer Antibiotikatherapie oder nach Untersuchungen durchgeführt werden, die mit einer Darmspülung einhergehen (zum Beispiel Dickdarmspiegelung).

Die häufigsten Atemteste:

  • Laktose (Milchzucker): die Milchzuckerunverträglichkeit ist die häufigste Form der Zuckerunverträglichkeiten
  • Fruktose (Fruchtzucker): die angeborene Fruktoseintoleranz ist außerordentlich selten, Unverträglichkeiten im Erwachsenalter recht häufig
  • Sorbit  (Zuckeraustauschstoffe): diese Stoffe (Kaugummi, Süßstoffe etc) können in höheren Dosen Durchfall auslösen
  • Glukose (Traubenzucker): Beurteilung des Zuckerstoffwechsels (Diabetes), bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms
  • Xylose (nicht verdaubarer Zucker): Beurteilung der globalen Kohlenhydratverdauung, bakterielle Fehlbesiedlung
  • Laktulose: Beurteilung der Dünndarmtransitzeit (Transportzeit durch den Dünndarm)

Wie wird die Untersuchung durchgeführt?

Vorbereitung:

  • letzte Mahlzeit am abend vor der Untersuchung, 12 Stunden nüchtern! Weiterhin ist es sinnvoll, wenn Sie am Vortag möglichst keine Bohnen und keine Vollkornprodukte essen.
  • Sie sollten 12 h vor der Untersuchung nicht rauchen und keinen Alkohol trinken und direkt vor der Untersuchung keine Süßigkeiten oder Kaugummis (auch keine zuckerfreien Produkte) zu sich nehmen.
  • Keine Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 2 Wochen.
  • Keine H2-Atemteste innerhalb von 2 Wochen nach einer Coloskopie oder anderen Untersuchungen mit Darmlavagen.

Während der Untersuchung:

  • Keine vermehrte körperliche Aktivität ( z. B. schnelles Treppensteigen).
  • Nikotinkarenz, bis der Test vollständig abgeschlossen ist.
  • Keine Einnahme von Speisen und Getränken, bis der Test komplett durchgeführt ist.
  • Kein Kaugummikauen oder Bonbonlutschen während des Tests.

Untersuchung:

Am Untersuchungstag selber wird zuerst der Ausgangswert in der Ausatemluft des Patienten ermittelt. Danach erhält dieser eine Testzuckerlösung zum Trinken. Beim Laktosetest sind es 200 ml einer Trinklösung mit 50 g Laktose. Anschließend wird alle 30 Minuten eine Ausatemprobe entnommen, um die H2-Konzentration zu bestimmen. Die Gesamtdauer der Untersuchung beträgt etwa 2.5 Stunden.

In gleicher Weise – nur mit anderen Testzuckern wie Glukose und Laktulose – werden die anderen Atemtests durchgeführt. Zusätzliche Blutentnahmen erhöhen bei einzelnen Testen die Genauigkeit und Aussagekraft.

H2-Atemtest bei Kindern

Die Untersuchung kann auch bei Kindern durchgeführt werden. Ab dem 6.ten Lebensjahr gelingt dies meist problemlos mit der üblichen Methode (Pusten in ein Teströhrchen). Bei jüngeren Kindern (etwa ab dem 4.ten Lebensjahr) erfolgt die Untersuchung mit Hilfe einer Atemmaske statt des Teströhrchens. Im Prinzip gibt es keine genauen Altersgrenzen. Der Test macht jedoch nur dann Sinn, wenn das Kind zu einer gewissen Mitarbeit in der Lage ist (Trinken der Testlösung sowie Pusten in das Messröhrchen bzw. Atmen über die Maske). Bei Kindern verzichten wir auf die Blutzuckerbestimmungen.

Beispiel: Laktose-H2-Atemtest (Milchzuckerbelastung)

Der Doppelzucker Laktose (= Milchzucker) wird bei Gesunden im Zwölffingerdarm und oberen Dünndarm durch das Enzym „Laktase“ in die Einfachzucker Glukose, also Traubenzucker, und Galaktose gespalten und bei der weiteren Dünndarmpassage vollständig vom Körper aufgenommen. Normalerweise gelangen nur kleinste Mengen unverdaut in den Dickdarm.

Unter Laktoseintoleranz versteht man die Unfähigkeit des Organismus Laktose in seine Bestandteile aufzuspalten. Zu beachten ist, dass die Laktoseintoleranz keine Allergie ist und von einer Kuhmilch-Eiweißallergie abgegrenzt werden muss.

Bei den meisten Menschen mit einer Milchzuckerunverträglichkeit besteht eine sogenannte „primäre Laktose-Intoleranz“. Der Gehalt an „Laktase“ in der Dünndarmschleimhaut genetisch bestimmt, indivuell sehr unterschiedlich und nimmt im Laufe des Lebens ab. Überschreitet die aufgenommene Milchzuckermenge die Stoffwechselkapazität der Laktase, kann es zu Beschwerden kommen. Mehr als 50% der Weltbevölkerung weisen einen Laktasemangel auf. In Afrika, Asien oder Südamerika ist das Auftreten besonders hoch (50-100%). In Deutschland leiden 10 – 20 % der Bevölkerung, also ca. 10 Millionen Menschen, an einer Milchzuckerunverträglichkeit. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu, Senioren haben praktisch immer eine Laktoseintoleranz. Diese Unverträglichkeit ist an und für völlig ungefährlich, kann aber im individuellen Fall doch sehr belästigend sein.

Die sog. „sekundäre Laktoseintoleranz“ ist dagegen eher selten und tritt bei verschiedenen Erkrankungen auf, bei denen es zur Schädigung der Dünndarmschleimhaut kommt (Sprue, Morbus Crohn u.A.). Der sekundäre Laktasemangel bildet nach Erholung der Dünndarmschleimhaut wieder zurück.

Durch den Laktasemangel wird der Milchzucker nicht mehr aufgespalten, sondern weiter in den Dickdarm transportiert. Dort bauen ihn Darmbakterien ab. Als Nebenprodukt entsteht dabei Wasserstoff (H2), der durch die Darmwand ins Blut diffundiert und mit dem Blutstrom bis in die Lungen gelangt, wo er dann abgeatmet wird. Durch die vermehrte bakterielle Gasproduktion im Darm kommt es meist auch zu Blähbeschwerden,  in ausgeprägteren Fällen auch zu Krämpfen und Durchfall.

Bei Patienten, die unter einer schlechten Laktoseaufnahme leiden, kommt es deshalb nach der Gabe von Milchzucker zu einem messbaren Anstieg der H2-Konzentration in der Ausatemluft.

Wann wird welcher Test angewendet?

Wann wird der Laktose-H2-Atemtest angewandt?

  • bei Blähungen unklarer Herkunft;
  • bei unklarem Durchfall; bei unklaren Bauchschmerzen
  • bei gelegentlicher Übelkeit und bei anderen uncharakteristischen Ober- und Unterbauchbeschwerden.
  • Bei Erkankungen, die mit einem sekundären Laktasemangel einhergehen

Wann wird der Fruktose-H2-Atemtest angewandt?

  • Bauchbeschwerden in Zusammenhang mit der Aufnahme von Früchten oder Fruchtsäften.
  • Unklare Bauchschmerzen oder Durchfälle mit sonst normalen Zuckertesten

Wann wird der Glukose-H2-Atemtest angewandt?

  • vor allem bei Verdacht auf bakterielle Fehlbesiedlung im Dünndarm;
  • zur Klärung unklarer Durchfälle; beim Malabsorptionssyndrom;
  • zur Klärung unklarer Blähbeschwerden (Meteorismus und Flatulenz);

Wann wird der Laktulose-H2-Atemtest angewandt?

  • zum Bestimmen der Zeit, die bei der Passage der Nahrung vom Mund bis zum Beginn des Dickdarms benötigt wird (orozökalen Transitzeit);
  • zum Ausschluss eines Zustands, bei dem die Wasserstoffbildung unterbleibt, da keine wasserstoffproduzierenden Darmbakterien vorhanden sind (H2-Non-Producer-Status).